Arbeitskreis Nord-Ost

Recap #1: 8 Monate Krieg - 8 Monate Arbeitskreis Nord-Ost

30. Oktober 2022

Unser Engagement: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Liebe Unterstützer:innen von AKNO,


seit der russischen Invasion in der Ukraine am 24.02. dieses Jahres sind bereits mehr als 8 Monate ins Land gegangen. 8 Monate, in denen wir uns mit etwas konfrontiert sahen, was wir für nicht mehr möglich hielten: ein konventioneller Krieg mitten in Europa. Seitdem mussten mehr als 12 Millionen Ukrainer:innen fliehen. 5.916 Zivilist:innen haben ihr Leben verloren, darunter mindestens 379 Kinder. Das sind lediglich die bisher bestätigten Toten, viele liegen noch unbekannt unter den Trümmern ukrainischer Städte. Hinzu kommen mindestens 9.000 getötete ukrainische Soldat:innen: Eltern und Großeltern; Angehörige aller sozialer Schichten. Das Land wird nach dem Krieg wirtschaftlich am Boden liegen, viele seiner klügsten Köpfe und stärksten Rücken tot oder ins Ausland geflüchtet; und es wird Jahrzehnte dauern, bis das Land von Minen befreit und seine Städte und Wirtschaft wiederaufgebaut sind. Das alles nur, weil ein Land, ein Volk, sich entgegen den Ambitionen seines imperialistischen Nachbarn mehrheitlich für eine demokratischere Zukunft entschieden hat.


Uns vom Arbeitskreis Nord-Ost hat diese Invasion nicht nur emotional betroffen, er hat unser Leben auch ganz praktisch verändert. Seit nun mehr als 8 Monaten haben wir unsere gesamte Freizeit neben Studium oder Beruf dafür aufgebracht, wo uns möglich, das Leid der unzähligen unschuldigen Opfer dieses Krieges zu mildern. Kurz nach Beginn der Invasion hat unser Vorstandsvorsitzende Johannes in kürzester Zeit Hilfstransporte an die rumänisch-ukrainische Grenze auf die Beine gestellt. Finanziert durch Privatspenden und unter unermüdlichem Einsatz vieler Medizinstudent:innen aus Varna konnten wir 8 Hilfslieferungen mit insgesamt mehr als 20 Wagenladungen verschiedener Güter (Kleidung, Nahrungsmittel, Medikamente etc.) in die Ukraine schicken. 

Dieses erste Engagement brachte unsererseits den Stein erst richtig ins Rollen. Denn abseits der eigenen "Befriedigung", zu helfen, statt nur passiv der Katastrophe entgegenzuschauen, bekamen wir regelmäßig viel Dank und positives Feedback von den verschiedenen Hilfsorganisationen aus der Ukraine und deren Anrainerstaaten. Offensichtlich schienen wir unsere Sache nicht schlecht zu machen und das gab uns schließlich die Motivation, auch an andere Projekte in Angriff zu nehmen. So begannen wir zunächst damit, verschiedene deutsche und internationale Hilfsprojekte organisatorisch zu unterstützen, indem wir unsere Erfahrungen und Kontakte mit ihnen teilten und persönlich dabei halfen, ihr Anliegen in die Tat umzusetzen. Natürlich profitierten wir auch selbst davon, denn gelegentlich bedankten sich die entsprechenden Personen oder Unternehmen mit größeren oder kleineren Spenden und machten unsere kleine Hilfsorganisation auch im persönlichen Umfeld bekannt.


Zusätzlich begann ein weiteres Projekt Gestalt anzunehmen. Schockiert durch die Zustände ukrainischer Geflüchteter in unserem Studienort Varna, insbesondere die medizinische Versorgung betreffend, wollten wir unseren medizinischen Hintergrund dafür nutzen, diesen Menschen zumindest eine medizinische Grundversorgung zukommen zu lassen. Unser Teammitglied Eric stellte Kontakt zu "Medical Volunteers International" (MVI) her, die unter anderem im griechischen Flüchtlingscamp "Moria" eine medizinische Versorgung Geflüchteter durch Freiwillige aus verschiedenen medizinischen Berufen etabliert hatten. MVI war von unserem Vorhaben begeistert und organisiert für uns nun regelmäßig Freiwillige, deren Arbeit wir vor Ort organisieren, koordinieren und natürlich auch finanzieren. Seit Juni 2022 waren nun bereits 10 Freiwillige (u.A. Ärzt:innen und Pfleger:innen) in Varna, um Geflüchtete ohne medizinische Betreuung zu untersuchen und nötige Diagnostik oder Therapie zu veranlassen. In diesem Zeitraum konnten wir bereits mehr als 500 Patienten:innen untersuchen und ihnen organisatorisch wie finanziell bei der weiteren medizinischen Versorgung unterstützen. Wie unsere Arbeit vor Ort genau aussieht, darauf werden wir in den nächsten Wochen in einem gesonderten Text eingehen.


Insbesondere durch den Aufwand des letztgenannten Engagements ist uns jedoch auch bewusst geworden, was wir lange Zeit nicht sehen wollten: unsere knappen Ressourcen. Einerseits in organisatorischer Hinsicht: Unser Team besteht bisher in erster Linie aus Medizinstudent:innen und  Ärzt:innen, welche ehrenamtlich ihre Freizeit opfern. Insbesondere in den Sommermonaten, die auf Seite der Student:innen mit Klausuren und Pflichtpraktika gefüllt waren, führte das zu einer allgemeinen Überarbeitung und folgerichtigen Vernachlässigung vermeintlich weniger wichtiger Bereiche unserer humanitären Arbeit (z.B. Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising). Dies, zusammen mit der deutlich nachlassenden Spendenbereitschaft, führte Anfang September dazu, dass unser Projekt kurz davor war, an den fehlenden organisatorischen und finanziellen Ressourcen zu scheitern.


Dank einer Erweiterung unseres Kernteams um einige Personen, die uns schon länger tatkräftig unterstützt haben, sowie insbesondere durch die großzügige finanzielle Zuwendung einiger Vereine konnten wir die Fortführung unseres Projekts nun zumindest bis Ende 2022 sichern. Nichtsdestotrotz erlaubt uns insbesondere die finanzielle Ausstattung zurzeit lediglich die Versorgung eines Teils der in der Region Varna untergekommenen Geflüchteten und auch unsere anderen Projekte müssen zunächst aufgrund von Ressourcenmangel pausieren. Um hier unserem eigenen Anspruch gerecht zu werden wir nun wieder mehr Arbeit in Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising stecken, um unsere Arbeit nicht nur dauerhaft finanzieren, sondern sie, wenn möglich, auch noch auszuweiten zu können.


Falls wir euch also von unserer Arbeit überzeugen konnten, bitten wir euch, uns auch weiterhin zu unterstützen: Sei es durch finanzielle Beiträge („jeder Euro zählt!“), durch Bekanntmachen unserer Arbeit im Freundes- und Bekanntenkreis oder bei lokalen Vereinen oder einfach nur dadurch, dass ihr uns auf den sozialen Medien folgt und unsere Beiträge unterstützt. Weitere Möglichkeiten der Unterstützung findet ihr auf unserer Website. Wir, insbesondere aber die vielen vom Angriffskrieg Russlands versehrten Ukrainer:innen sind auf eure kontinuierliche Unterstützung angewiesen.


„Last but not least“ möchten wir uns bei all jenen bedanken, die uns in den letzten 8 Monaten so großzügig unterstützt haben: bei den vielen privaten Spendern, die bis heute den größten Teil unserer Arbeit finanziert haben; den Unternehmen und Vereinen, die uns organisatorisch, materiell oder finanziell unterstützt haben und mit denen wir zusammenarbeiten durften; unseren Freunden und Familien ohne deren unermüdliche Unterstützung vielleicht schon der eine oder andere das Handtuch geworfen hätte. Euch allen sind wir zu großem Dank verpflichtet, denn ohne euch wäre unser Projekt von vornherein zum Scheitern verdammt gewesen.


Der Krieg dauert an, ein harter Winter steht vor unserer Tür und ein Ende des Leids ist leider noch lange nicht in Sicht. Nichtsdestotrotz, es hilft nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Und gemeinsam – aber auch nur gemeinsam! – werden wir diese harten Zeiten überstehen und ihren Opfern eine bessere Zukunft ermöglichen. 

von Lennart Clasen 30. Oktober 2022
Our Engagement: Past, Present and Future
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